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Dr. med. Christian Flügel-Bleienheuft

Prävention und Gesundheitskompetenz

Dr. med. Christian Flügel-Bleienheuft 

Dr. Flügel-Bleienheuft ist niedergelassener Facharzt für Innere Medizin in Köln und Vorstandsvorsitzender des Gesundheitsnetzes Köln-Süd.

Herr Dr. Bleienheuft, „chronisch krank“ ist ein wie selbstverständlich verwendeter Begriff. Was beschreibt einen chronisch kranken Menschen, oder besser: Ab wann führen Sie in Ihrer Praxis Patienten als Chroniker?

Chronische Krankheiten bedürfen einer langfristigen und kontinuierlichen, also bis zum Lebensende andauernden Therapie und Betreuung. Derartige chronische Erkrankungen können im Alter einsetzen, wie zum Beispiel arterielle Hypertonie oder aber auch schon in jungen Jahren wie zum Beispiel der insulinpflichtige Diabetes mellitus Typ I. Per Definitionem ist man chronisch krank, wenn man im zurückliegenden Jahr mindestens einmal pro Quartal einer medizinischen Betreuung bedurfte. 

Eine chronische Krankheit bedingt ja vom Patienten langfristige Verhaltensänderung, sei durch Medikamenteneinnahme oder Änderungen am „Lifestyle“. Was sind Ihre Erfahrung in Sachen „Compliance“. Wie gut und wie lange halten sich Chroniker an die notwendigen Veränderungen und welche Tipps haben Sie, die die Veränderungen unterstützen. 

Für chronisch kranke Menschen ist es wichtig, dass sie ein Verständnis für ihre Erkrankung haben, also eine hohe Gesundheitskompetenz. Das heißt, dass sie um die Entstehungsumstände und die zur Verfügung stehenden Therapiemöglichkeiten und ihre eigenen Möglichkeiten in der Therapie ihrer chronischen Erkrankung wissen. Mit dem Verständnis für seine eigene Krankheit, ist es dem chronisch kranken Menschen nachvollziehbar und möglich zusammen mit dem betreuenden Arzt bzw. Ärztin ein Therapiekonzept umzusetzen, wir sprechen hier auch von shared decision. Dieses Vorgehen führt zu einer deutlich erhöhten Compliance und Therapieadhärenz und damit Verbesserung der Therapiequalität.

Wie gut stehen die Chancen, den Status Chroniker zu beenden. Gibt es Erfahrungswerte oder Daten die zeigen, wie viele Menschen von einer chronischen Krankheit genesen?

Mir sind keine Daten bekannt, wie viele Menschen von einer chronischen Erkrankung genesen. Eine Krebserkrankung zum Beispiel ist auch eine chronische Erkrankung, hierbei kann es so sein, dass eine Operation evtl. in Kombination mit einer Bestrahlung und Chemotherapie zu einer Genesung führt. Aber auch hierbei ist über Jahre eine „chronische“ Nachbeobachtung -ein follw up- notwendig, also es bleibt die chronische ärztliche Betreuung, evtl. ohne medikamentöse Therapie, aber der Betroffene stellt sich in seinen Lebensumständen auf diese „chronische“ Erkrankung ein.

Bei der Behandlung chronisch Erkrankter sind Disease-Management-Programme (DMP), strukturierte Behandlungsprogramme, etabliert. Wie sieht es im Bereich der Prävention von chronischen Erkrankungen aus. Haben wir in Deutschland dazu Angebote und wo haben wir im Bereich der Prävention noch Defizite?

Es gibt sehr gute DMP-Programme unter anderem zu den Erkrankungen Diabetes mellitus, Koronare Herzkrankheit, Brustkrebs und chronischer Rückenschmerz. In Sachen Prävention sieht es eher mau aus, was sicherlich vielschichtige Gründe hat. Prävention ist ja eigentlich eine Maßnahme, die schon im Kindes- Schulalter mit gesunder Ernährung und auseichender Bewegung beginnen sollte. Dies sollte sich im weiteren Leben fortsetzen und durch umfassende Informationen zur Steigerung der Gesundheitskompetenz ergänzt werden. Meistens werden wir alle ja erst aktiv, wenn uns etwas zwickt oder zwackt. Also Motivation zur Eigeninitiative ist hier sicherlich von Nöten. Zur Prävention gehören daneben auch Vorsorgeuntersuchungen, die von den Krankenkassen angeboten werden, u.a. der Check up alle zwei Jahre ab dem 35. Lebensjahr, die Coloskopie als Vorsorge für Männer ab dem 50 Lebensjahr und für Frauen ab dem 55 Lebensjahr jeweils alle 10 Jahre sowie die umfangreichen gynäkologischen Vorsorgeuntersuchungen.

Aber die größte Herausforderung sehe ich in der nachhaltigen Förderung des „Gesundlebens“ mit entsprechender Ernährung und ausreichender Bewegung zur Vermeidung von insbesondere Übergewicht, Störungen des Bewegungsapparates, Diabetes und Hypertonie und Durchblutungsstörungen.

Eine weitere Herausforderung sehe ich zum Beispiel auch in der frühzeitigen Detektion von Vorhofflimmern, eine Herzrhythmusstörung, die zu Schlaganfall führen kann. Hier gibt es schon entsprechende tools und wearables, die genutzt werden können, aber noch nicht im breiten Einsatz sind.

Wie sind Ihre Erfahrungen in Sachen Prävention. Leben die meisten Ihrer Patienten einen „präventiven“, bewussten Lebensstil oder brauchen sie einen „Warnschuss“, eine Ansprache vom Arzt zum Gesundheitszustand damit sie etwas ändern?

Wie ich oben schon sagte gehen wir ja oft erst dann zum Arzt, wenn es zwickt oder zwackt, also die meisten Menschen in unseren Breiten sehen ihre Lebensqualität in gutem Essen und Trinken. Die Ansprache des Arztes kann auch nur dann präventiv auf fruchtbaren Boden fallen, wenn die oben erwähnte Gesundheitskompetenz hoch ist.

Unsere umfassenden Informationen zur Stage Chronisch krank finden Sie hier.

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